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AutorenbildKerstin Tscherpel

Die indische Post

Kürzlich haben wir den Service der indischen Post getestet. Ich wollte meiner Freundin zum Geburtstag ein Päckchen schicken, mit indischen Produkten, von denen ich begeistert bin. Hier wären die kuscheligen Cashmeredecken zu nennen, die tollen Pashminaschals und Tücher aber auch der Tee mit dem aromatischen Chaigewürz oder die nachhaltigen Dosen aus altem Papier, die so schön bemalt sind.


Zuvor hatte ich mich erkundigt, wie man am besten ein Päckchen nach Deutschland schickt. Hier bekam ich von meinen Kollegen ganz unterschiedliche Informationen. Das Spektrum reichte von: „Der indischen Post kann man nicht trauen. Das kommt nicht an.“ bis zu „Da braucht man keinen teuren Extradienst wählen, mit der indischen Post geht das auch gut.“. Da die zweite Aussage von Kolleginnen stammte, die das bereits selber ausprobiert hatten, bin ich dieser Empfehlung gefolgt.


Da uns nicht so ganz klar war, was man bei dieser Aktion noch alles zu beachten hätte, haben wir das Paket erst mal offen gelassen, um eine evtl. Deklarationsliste beilegen zu können. Ausgerüstet mit Paket, Klebeband und Schere, sind wir also Montagnachmittag kurz nach drei Uhr in eine Filiale der indischen Post spaziert.


Das Gebäude sieht von außen schon etwas heruntergekommen aus. Zumindest im Vergleich mit den Postfilialen, die ich aus Deutschland kenne. Innen steht einen langer Tresen mit drei Schaltern. Dahinter die Schreibtische der Postmitarbeiter. An der Wand seitlich des Tresens befindet sich je eine Wartebank aus Metall und dann noch eine Paketwaage. Alles wirkt etwas älter und in die Jahre gekommen.

Am Schalter lässt sich der mäßig motivierte Mitarbeiter durch unsere offensichtliche Präsenz nicht aus der Ruhe bringen und wurschtelt mit seinem Geld in der Kasse rum. Irgendwann fühlt er sich dann doch bemüßigt, uns wahrzunehmen. Als er hört, dass das Paket nach „Germany“ soll, bricht hinter dem Schalter unter den Mitarbeitern eine Diskussion in Hindi los. Wir verstehen natürlich kein Wort und warten ab. Sein Kollege, der deutlich kompetenter wirkt, kommt um den Schalter rum und widmet sich uns nun. Er informiert uns über die Versandmöglichkeiten. Zuerst sollen wir unser Paket wiegen. Wir stellen das Paket also auf die Waage. Die Waage zeigt 4960 Gramm. Der Mitarbeiter zählt folgende Möglichkeiten auf. Die erste geht nur für Pakete bis 2 Kilo, fällt also weg. Die zweite geht nur bis 3 Uhr nachmittags. Da es ja bereits nach 3 Uhr ist, fällt auch die weg. Die dritte und letzte ist die „Speedvariante“. Bei dieser fallen Mehrkosten an, wenn das Paket über 5 Kilo wiegt, betont der Mitarbeiter. Ich schaue auf die Digitalanzeige der Waage, die 4960 Gramm anzeigt und weise ihn irritiert darauf hin, dass unser Paket ja weniger als 5 Kilo wiegt. Daraufhin wiederholt er diese, für ihn wohl wichtige, Information nochmal. Ich werfe meinem Mann einen verwundernden Blick zu und lasse den Mitarbeiter weiterreden. Wir sollen unser Paket „proper“ verpacken, da es ja so weit verschickt wird. Das bedeutet konkret, dass wir das ganze Paket mit braunem Klebeband umwickeln müssen. Dass es braunes Klebeband sein muss, hat er zweimal betont. Die Filiale schließt um 4 Uhr. Die Uhr an der Wand zeigt 3 Uhr und 20 Minuten.

Nun bricht Hektik bei meinem Mann aus. Er schnappt sich das braune Klebeband und beginnt das Paket einzuwickeln, während ich eine Deklarationszettel für den Zoll ausfülle. Wie gut, dass mein Mann so organisiert ist und an das braune Klebeband gedacht hat. Er verklebt eine halbe Rolle, bis wirklich nirgendwo mehr der Originalkarton zu sehen ist. Ich finde das ja etwas übertrieben. Aber es schien nicht so, als gäbe es da einen Diskussionsspielraum. Danach müssen wir die Adresse mit Edding auf das Klebenband schreiben. Seitlich wird der Klebezettel für den Zoll angebracht. Fertig!

Es ist 3 Uhr 47 Minuten.

Wir stehen erneut an dem Schalter des mäßig motivierten Mitarbeiters. Wieder werden wir ignoriert. Diesmal telefoniert er mit seinem Handy. Die Uhrzeiger schreiten unaufhörlich voran. Endlich wendet er uns seine Aufmerksamkeit zu. Er tippt alles in Seelenruhe in seinen Computer, klebt die Tracking-ID seitlich auf und händigt uns einen Beleg aus. Das Ganze kostet uns 3327 Rupien. Das sind etwa 35 Euro. Das Paket bleibt extra „proper“ verpackt auf der Theke vor dem Tresen stehen. Erschöpft und etwas verunsichert verlassen wir die Postfiliale. Mein Mann bringt es auf den Punkt: „Wenn ich jetzt nicht schon eine ganze Weile hier wäre, würde ich denken, dass das nie ankommt. Aber so denke ich, dass es schon irgendwie ankommen wird.“


Obwohl wir die Speedvariante gewählt haben, bezweifeln wir beide sehr, dass das tatsächlich die Geschwindigkeit beeinflusst.

Pakete, die mir meine Mama aus Deutschland geschickt hat, haben immer mindestens 6 Wochen gebraucht. Wobei sie davon die meiste Zeit im Zoll hingen.


Heute, eine Woche später, habe ich aus Neugier das Paket getrackt und unglaublicherweise, ist es nicht nur schon in Deutschland angekommen, sondern es wurde sogar schon versucht, es auszuliefern. Und da soll nochmal einer was über die indische Post sagen.


Incredible India!




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